In der Nacht vom 24. zum 25. brach in einem Haus in der Nähe der St.-Nikolai-Kirche von Spandau ein Feuer aus. Zehn Häuser wurden zerstört. Der starke Wind trieb die Flammen bis zur Spitze des Kirchturms hinauf.
Diese Meldung, bei der man die jüngsten Bilder von Notre Dame wieder vor Augen hat, ist glücklicherweise keine aktuelle Nachricht. Doch tatsächlich begab es so vor 279 Jahren im Juni 1740. Das Feuer auf dem Dach der Kirche brannte so heiß, dass die Turmuhr und die Kirchenglocken schmolzen, das Holzwerk des Turmes brannte aus und die neue Wagner-Orgel wurde stark beschädigt. Glücklicherweise konnte die Kirche selbst mit ihrem Inventar gerettet werden, denn alle Öffnungen zwischen Turm und Langhaus waren rechtzeitig zugemauert worden.
Für den Wiederaufbau des Turms wand sich die Gemeinde mit ihrem Pfarrers Georg Lamprecht, der noch heute auf einem Gemälde in der Kirche zu sehen ist, an den König, um ihn und den Staat um Unterstützung zu bitten. Seine Majestät Friedrich II., König in Preußen, heute als alter Fritz bekannt, erkannte die Notwendigkeit und schrieb einen Erlass zur Durchführung einer Kirchenkollekte in den Dörfern und einer Haustürsammlung in den Städten.
Dank der nun eingeräumten Möglichkeiten konnten 3.197 Taler gesammelt werden; allein die Berliner gaben 200 Taler. Dennoch war das Sammlungsergebnis nicht kostendeckend, denn die Arbeiten und Wiederbeschaffungen ohne Orgel verschlangen doch insgesamt 14.000 Taler. Die Feuerversicherung zahlte 2.865 Taler. Der Liebe der Spandauer zu ihrer Kirche gelang es, die noch fehlende Summe aus eigenen Mitteln zu finanzieren, und so konnte am 3. September 1744 das Richtfest für die moderne barocke Turmhaube mit Pauken und Trompeten gefeiert werden. Voller Freude sang der Chor das noch heute bekannte Lied „Lobe den Herren“. Die Zimmerleute zogen die neue Haube hinauf und erhoben ihr Glas auf die Gesundheit des Königs, der diesen Bau unterstützt hatte.
Das Archiv des Gemeindemuseums „Spandovia Sacra“ verfügt über eine umfangreiche Sammlung der gesamten Historie der Kirche. Lediglich von den Jahren zwischen 1740 und 1744, also die Zeit vom Brand bis zum Wiederaufbau, existiert kein Dokument.
Umso erfreulicher ist es, dass der Erlass durch Herrn Markus Lange, einem Referent für preußische Geschichte und leidenschaftlicher Sammler historischer Drucke und Manuskripte, der St.-Nikolai-Gemeinde als Leihgabe für die Ausstellung „Nicht nur auf Sand gebaut. Geschichte(n) von Kirche und Stadt“ zur Verfügung gestellt wurde. Ab dem 19. Mai, dem internationalen Museumstag, eröffnet die Ausstellung im Gemeindemuseum „Spandovia Sacra“ und zeigt dieses besonderes Exponat ein halbes Jahr am Reformationsplatz.
Neueste Kommentare