Fast anderthalb Jahrzehnte nach Lennés erstem Tiergarten-Plan kam 1832 Bewegung in einen neugestalteten Tiergarten. Dazu trug offenbar auch ein Schreiben des früheren Leibarztes der Königlichen Familie an König Friedrich Wilhelm III. bei. Eine geordnete Grünanlage biete der Berliner Bevölkerung im Gegensatz zu einem verwilderten Tiergarten besondere medizinisch-hygienische Aspekte. Peter Joseph Lenné machte sich erneut an die Arbeit. Sein neuer Plan beließ in etwa die Grundstruktur der alten Alleen, jedoch entfielen die Bellevueallee sowie weitere kleinere Alleen. Der Gartenkünstler gestaltete das Wegesystem übersichtlicher, in weiten Bögen durchzogen die Spazierwege den Park. Alle Bereiche waren erschlossen, trotzdem zerfiel das Ganze nicht. Lenné vereinte die Wiesen und Lichtungen zu großen Auen und weiten Sichtachsen. Diese Großzügigkeit entstand auch durch zusammengefasste Gehölzkomplexe mit vorgepflanzten Einzelbäumen und ausgedehnteren Wasserflächen rings um den Großen Stern.

Gegenüber dem König ging Lenné inzwischen strategisch vor: »Der König ist gar zu sparsam, komme ich ihm mit großen Zeichnungen, so sagt er frisch weg: ›Lenné, das ist zu kostspielig.‹ daher habe ich mir vorgenommen, S. Majestät mit Miniaturblättern zu bedienen.« Er zerlegte seinen Plan in sieben Teilabschnitte. Überall im Tiergarten begann Lenné damit, das versumpfte Gelände zu entwässern. Mit dem Aushubboden erhöhte er die umliegenden Flächen. Bei der Umgestaltung des Tiergartens war seine Handlungsfreiheit jedoch aufgrund der Einflussnahme Friedrich Wilhelms III. eingeschränkt. Dieser ordnete noch während des Bauablaufs Projektänderungen zur Kostenersparnis an. Er änderte mehrmals die Wegeführungen und ordnete die Erhaltung vorhandener barocker Elemente, darunter das Venusbassin und die Bellevueallee, an. Lenné hatte oft die künstlerischen »Ideen des Kronprinzen in die Sprache des Fachmannes umzusetzen«. Zum Beispiel lieferte Friedrich Wilhelm III. Ideen für eine langgestreckte »symmetrische Anlage«, den heutigen Rosengarten, mit regelmäßig gepflanzten Bäumen (›365 Bäume und ein Baum fürs Schaltjahr‹), die er eigenhändig in Lennés Plan eintrug. Diese Anlage wurde 1839 südlich der Charlottenburger Chaussee im Tiergarten eingefügt.

© Wikimedia Commons, Leonhard_Lenz

Die Gesamtpläne Lennés zeigen zwei Schwerpunkte der Gestaltung: zum einen die Gegend um den Neuen See mit der südlich angrenzenden Fasanerie und zum anderen den mittleren Teil zwischen Hofjäger- und Bellevueallee um die Rousseau-Insel. In beiden Bereichen war Wasser das wesentliche Element, und in immer neuen Varianten bemühte sich Lenné um die optimale Lösung: »Die Vereinigung von Wald und Wasser ist das Schönste, was die Natur und die Kunstschöpfung darzubiethen vermögen (…) mit den vielen seeartigen Becken, kleinen Inseln, anmuthigen Rasenkanten, den mannigfaltigen Anschwellungen und den reich gruppierten Baumparthien« zeige sich die Umgebung der Rousseau-Insel dem Spaziergänger. Mit den Wasserzügen korrespondierten ebenfalls mehrfach die Wege, und nur die Hauptalleen bilden das immer wiederkehrende Grundgerüst.

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Tiergarten 1833

Lennés besonderes Interesse galt der südlichen Hälfte des Tiergartens, die von zahlreichen Landhäusern vornehmer Berliner gesäumt wurde. Nur dieses Areal hielt er für geeignet, mit einem langen geschwungenen Parkweg versehen zu werden. Dieser Weg sollte vielfältige Blickbeziehungen auf die repräsentativen Villen und umgekehrt in den Tiergarten hinein mit der geplanten Seenpartiebieten.

Bürger, die in dem Park Spaziergänge unternahmen, ärgerten sich über zu schnell fahrende Kutschen und ebenfalls rücksichtslose Reiter. Sie berichteten Lenné auch von mit Wagen überfüllten Wegen, besonders bei schönem Wetter. Fortan waren die breiteren Reit- und Fahrwege und die schmaleren Spazierwege gesondert ausgeschildert. Lenné erschloss den Park in seinem neuen Plan systematisch durch zügig geführte Wege. Mit der Vollendung des Tiergarten-Umbaus zum Jahresende 1838 stieg auch wieder seine Besucherzahl.

Harald Neckelmann

Der Tiergarten

Vom Jagdrevier zum Stadtpark

Paperback, 192 Seiten, 104 Abb., 16,5 x 24,5 cm, ca. 120 Abbildungen

ISBN 978-3-8148-0269-5
1. Auflage, Mai 2023

22,– €

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