Gotische Träume eines Baumeisters
Chorin ist vor allem für das Kloster berühmt, das zu den schönsten Werken der norddeutschen Backsteingotik gezählt wird; außerdem gilt es als der erste vollständig in Backstein errichtete gotische Sakralbau Nord- und Mitteleuropas. Die idyllisch gelegene Klosteranlage ist auch im Winter ein lohnendes Ausflugsziel.
In der Zeit der Romantik wandte sich das Interesse der Schriftsteller und Künstler der mittelalterlichen Vergangenheit und in diesem Zusammenhang auch den »vaterländischen Altertümern« zu. Zu ihnen gehörten die gotischen Bauwerke. Die Hinwendung zu Mittelalter und Gotik lag also im Zeitgeist, und sie wurde auch von dem – wie Theodor Fontane – aus Neuruppin stammenden Baumeister Karl Friedrich Schinkel (1791–1841) geteilt. Sein Blick war allerdings international, hatte er doch auf Studienreisen ebenso gotische Bauwerke in Italien, Frankreich oder England studiert und sich von ihnen für eine »neue Gotik«, die »Schinkelgotik« inspirieren lassen. (…)
Doch beginnen wir unseren Rundgang am Bahnhof. Die Bahnstrecke von der preußischen Hauptstadt Berlin zu ihrem »Seehafen« Stettin wurde von der Berlin-Stettiner Eisenbahn-Gesellschaft (BstE) 1842/43 erbaut und gehört damit zu den ältesten Eisenbahnverbindungen Deutschlands. Das jetzige, orangerot gestrichene Empfangsgebäude des Haltepunktes Chorin steht unter Denkmalschutz. Es wurde an dem erst 1902 erbauten Bahnhof Chorinchen (so hieß das Dorf bis 1934) bzw. später Chorin-Kloster errichtet; der eigentliche Bahnhof Chorin befand sich weiter nördlich und außerhalb des Ortes. Da er so schlecht zerreichen war, wurde auf Antrag der Bewohner von Chorinchen der neue Haltepunkt geschaffen. Der Weg zum Kloster ist ausgeschildert und führt an der Dorfkirche vorbei, die zu Unrecht im Schatten der Klosterkirche steht. Es handelt sich um einen rechteckigen Feldsteinsaal aus der zweiten Hälfte des 13. Jhs. Der verbretterte Turm wurde erst im 18. Jh. auf das Dach gesetzt. Chorin war vermutlich einst eine slawische Siedlung, der Ort wurde 1258 erstmals in der Stiftungsurkunde des Klosters Mariensee erwähnt, es gehörte also zum Klosterbesitz. (…)
1542 wurde das Dorf dem kurfürstlichen Amt Chorin zugewiesen. Das Wüten des Dreißigjährigen Krieges führte dazu, dass am Kriegsende nur noch drei Kossäten hier lebten. Das Dorf erholte sich nur langsam, hatte um 1800 erst 384 Einwohner. Heute bildet Chorin eine Gemeinde im Amt Britz-Chorin-Oderberg. Für einen Rundweg sollte man die Choriner Dorfstraße von dem Kirchanger an in südwestlicher Richtung weiterlaufen und dann den Sandkruger Weg benutzen – auch hier der Ausschilderung zum Kloster folgen.
Ab der Kirche gemessen führt der Weg nach ca. 550 m in den Wald. Man überquert den Nettelgraben, der von den Mönchen des Klosters im 13. Jh. angelegt wurde, um den Wasserspiegel des Choriner Sees, des heutigen Amtssees, zu erhöhen, damit sie genügend Wasser zum Betrieb ihrer Wassermühlen und zum Verbrauch der Klosterinsassen hatten – das vom Choriner See zur Ragöse, einem 13 km langen Bach im heutigen Biosphärenreservat Schorfheide-Chorin, fließende Wasser reichte nicht aus. Der 5 km lange Nettelgraben gehört zu den frühen Beispielen künstlicher Gräben in Deutschland. Er diente auch zur Melioration des Gebietes um das Kloster und des Plagefenns, eines Moores südlich von Brodowin. (…) Nach der Besichtigung der Klosteranlagen und des Friedhofs kann man ein Stück am Amtssee entlang und dann durch die Alte Klosterallee zum Hüttenweg wandern. Biegt man in den Hüttenweg nach links ein, erreicht man wieder die Dorfkirche und von dort in wenigen Minuten den Bahnhof.
Länge des Rundwegs: ca. 4,5 km
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Frank Goyke
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