Elsengold-Autor Kai-Uwe Merz ist nicht nur ein hervorragender Kenner der Berliner Kulturgeschichte, sondern auch ein leidenschaftlicher Radfahrer. Bei den Recherchen für seine Bücher erkundet er gerne auf zwei Rädern die Spuren der Vergangenheit. In seinem neuen Buch Monster Berlin beschreibt Merz das kulturelle Leben im Berlin der Nazizeit und hat sich dabei auch auf die Fährte des Schriftstellers Hans Fallada (1893-1947) gemacht.

“Ich verbinde am Wochenende gern das Radfahren mit dem Buchprojekt. Mir hilft das Kennen von Orten, mich ein Stück einzufühlen“, erzählt Merz. „Vor der NS-Zeit hat zum Beispiel Hans Fallada in Neuenhagen bei Berlin gelebt. Da komme ich von Friedrichshain gut hin. Die Tafel am Wohnhaus in Neuenhagen hat der Berliner Bildhauer Michael Klein, ein Neu-Neuenhagener, geschaffen, ebenso wie die wunderbare Skulptur des rauchenden Fallada vorm Rathaus der kleinen Brandenburgischen Gemeinde . Kleiner Mann – was nun? ist in Neuenhagen entstanden.”

Mit dem Roman Kleiner Mann – was nun? von 1932 hatte Fallada seinen Durchbruch geschafft. Der sozialkritische Text spielt in Berlin in Zeiten der Weltwirtschaftskrise. In bearbeiteter Fassung konnte das Buch auch nach der Machtübernahme der Nationalsozialisten weiter verkauft werden.  Hans Fallada gehörte zu den Schriftstellern, die auch unter den Nazis im Land blieben und sich mit der neuen Kulturpolitik arrangierten. Er musste sich zwar nach seinem Buch Wolf unter Wölfen von 1937 vornehmlich auf Unterhaltungsliteratur beschränken. Jedoch blieb er sehr erfolgreich und wurde zu einem der meistverkauften Schriftsteller im Dritten Reich.

Nach dem Krieg zog Fallada aus dem mecklenburgischen Carwitz nach Berlin, zunächst in eine Straße, zu der auch Autor Kai-Uwe Merz eine besondere Beziehung hat: „Die erste Wohnung, an die ich mich erinnern kann, ist in der Bozener Straße 7 in Schöneberg. In Nummer 20 hat der Arzt und Lyriker Gottfried Benn gearbeitet und gewohnt. Gleich nach Kriegsende 1945 zog Fallada in die Wohnung seiner zweiten Frau in der parallelen Meraner Straße. Um an Morphium zu kommen, konnte Fallada über den Hof rufen. Er kannte Benn schon aus den 1920er-Jahren und war suchtkrank.”

Die Morphiumsucht wurde Fallada letzten Endes zum Verhängnis. Am 5. Februar 1947 starb er mit 53 Jahren an Herzversagen. Sein letzter Wohnsitz war in Pankow. Auch dieser Ort war für Autor Merz eine Fahrradtour wert: „Näher ist das Haus im heutigen Rudolf-Ditzen-Weg in Pankow, in dem Fallada den großen Roman über das NS-Berlin geschrieben hat: Jeder stirbt für sich allein. Kulturbundchef Johannes R. Becher, ohne dessen Drängen und Hilfe Fallada den Roman bestimmt nicht geschrieben hätte, hat dem Autor das Haus im späteren ‘Städtchen’ besorgt.”

In seinem Buch Monster Berlin fasst Kai-Uwe Merz den Roman zusammen: „Jeder stirbt für sich allein erzählt von der selbstherrlichen Verfügungsgewalt, die sich eine SA-Familie anmaßt, vom Ausrauben einer in den Tod getriebenen jüdischen Mitbewohnerin, von den verqueren Realitätsverkehrungen der ideologisch geprägten Lebenswelt dieses Berlins, vom Misstrauen gegen jedermann, von den Drohungen mit Gewalt und Terror und deren Praxis, von erpresserischen Spitzeln, den Verhältnissen in Staatspartei und Staatspolizei und den Menschen, die dort agieren“. Für Merz ist das Buch „ein über die Zeiten gültiges Porträt des Berlins der nationalsozialistischen Zeit.“ Es spielt übrigens in der Jablonskistraße in Prenzlauer Berg. Auch heute gibt es dort noch Mietshäuser, die dort schon 1945 standen.


Kai-Uwe Merz
Monster Berlin
Eine Kulturgeschichte der nationalsozialistischen Zeit
256 Seiten, gebunden mit Schutzumschlag, 26 €
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