Die Geschichte Berlins ist eine Geschichte der Bilder von Berlin. Sabine Lata hat für Berlin in alten Ansichten rund 100 herausragende Drucke von Berlin ausgewählt, die zwischen dem 16. und dem 19. Jahrhundert entstanden sind. Sie zeigen das alte Zentrum Berlins und die angrenzenden Stadtgebiete. Von einem Holzschnitt des Berliner Stadtschlosses (1592) über Albrecht Christian Kalles berühmte Stadtsilhouette (1635) und zahlreichen bedeutenden Plänen und Einzelansichten von Gebäuden, Straßen und Plätzen reicht das Spektrum dieses Buches bis hin zu Stahlstichen des späten 19. Jahrhunderts.
Jedes Blatt wird, wenn möglich, originalformatig abgebildet, Sabine Lata kommentiert jedes Blatt und führt anhand der schönsten Ansichten Berlins auch in die Geschichte der Druckgrafik ein.
Das Buch gliedert sich nach einer Einleitung in die Kapitel
Gesamtansichten
Stadtpläne
Cölln
Alt-Berlin
Dorotheenstadt
Friedrichstadt
Nach Norden
Gen Westen
Heute stellen wir Ihnen drei Bilder aus dem Kapitel “Friedrichstadt” vor!
Der Gendarmenmarkt
»Der Deutsche und Französische Dom, u. d. Königl. Schauspielhaus a. d. Gensdarmen Markte z. Berlin. –
Les dômes de l’église allemande et française et la salle du théâtre royal sur la place des gens d’armes«
Die drei Hauptgebäude des Gendarmenmarkts in der Friedrichstadt sind weit in den Mittelgrund des Bildes gerückt. Eine Wolkenformation setzt die Bauwerke spektakulär in Szene. Carl Julius Henning steigert den dramatischen Effekt, indem er das zwischen Deutschem und Französischem Dom gelegene Schauspielhaus genau in das Zentrum seiner Komposition platziert, sodass die symmetrische Anlage des Platzes und seiner Bauten besonders gut zur Geltung kommt. Das Schauspielhaus war zwischen 1818 und 1821 anstelle eines abgebrannten Vorgängergebäudes nach Plänen von Karl Friedrich Schinkel entstanden. Das nach den Zerstörungen des Zweiten Weltkriegs weitgehend originalgetreu errichtete Haus gilt noch heute als eines der wichtigsten Bauwerke Schinkels in Berlin. Henning, der auch auf anderen Arbeiten seine Vorliebe für bizarr geformte Wolken zeigt, war gebürtiger Berliner und Sohn eines königlichen Kammermusikers. Sein Bruder Emil wirkte ebenfalls als Landschaftsmaler.
Das Potsdamer Tor
»Das Leipziger Thor in Berlin. La porte de Leipsic à Berlin«
Beinahe noch nagelneu war das Ensemble des Potsdamer Tors, das der unbekannte Künstler scheinbar nur als Kulisse für sein Figurenpersonal im Vordergrund nutzte. Hier am Stadtrand auf dem öde wirkenden Platz außerhalb der alten Akzisemauer treffen sich Bürger, elegante Herren gehen spazieren oder reiten aus. Kurze Zeit später entstand an dieser Stelle die verkehrsreichste Ecke Berlins, der Potsdamer Platz mit dem Potsdamer Fernbahnhof.
Karl Friedrich Schinkel hatte auf Geheiß von König Friedrich Wilhelm III. einen Entwurf für ein neues Tor vorgelegt, das das baufällige alte Tor ersetzen sollte. Der Neubau wurde 1824 eingeweiht. Die beiden anstelle der alten Wachhäuschen sich gegenüberliegenden, klassizistischen Torhäuser mit Säulenhallen und das schmiedeeiserne Gitter sind auch aus der Entfernung noch gut zu erkennen. Das Blatt, das sich sowohl an ein deutsches als auch an ein französisches Publikum wendet, erschien 1829 in dem Verlag von Ludwig Wilhelm Wittich in Berlin. Sein Titel verweist wohl auf den Umstand, dass das Potsdamer Tor – am Ende der Verlängerung der Leipziger Straße gelegen – eine Zeit lang auch als »Leipziger Tor« bezeichnet wurde.
Die Reichsbank
»Das Gebäude der deutschen Reichsbank in Berlin«
An dem neuen Reichsbankgebäude von Friedrich Hitzig in der Jägerstraße zieht der städtische Verkehr vorüber. Die Reichsbank war ein Prunkbau, den der seinerzeit sehr gefragte Architekt Friedrich Hitzig zwischen 1869 und 1876 errichtet hatte. Der noch im Umfeld von Karl Friedrich Schinkel ausgebildete Baumeister hatte ein palastähnliches Gebäude im Stil der Neorenaissance entworfen. Gottlob Theuerkauf, der Zeichner der Vorlage für den Stich, setzt den Bau schräg von der gegenüberliegenden Straßenseite formatfüllend in Szene.
Bei der Grafik handelt es sich um einen Holzstich. Diese Technik hatte der Engländer Thomas Bewick Ende des 18. Jahrhunderts aus dem traditionellen Holzschnitt entwickelt. Sie ermöglichte kleinteiligere und feiner abgestufte Darstellungen, als es das ältere Verfahren erlaubte. Voraussetzung dafür war die Verwendung eines harten Holzes, das quer zum Stamm geschnitten wurde, und des sogenannten Grabstichels, eines üblicherweise für den Kupferstich verwendeten Gravierwerkzeugs. Holzstiche konnten in hoher Auflage angefertigt werden, sodass sie noch Ende des 19. Jahrhunderts mit jüngeren Druckverfahren konkurrierten.
Viele weitere Drucke finden sich in Sabine Latas Berlin in alten Ansichten.
Die Kunsthistorikerin Dr. Sabine Lata hat sich unter anderem intensiv mit Druckgrafik befasst und verschiedene populäre Bücher veröffentlicht. 2015 erschien ihr Buch „Deutschland in alten Ansichten“.
30 x 24 cm, Hardcover mit Schutzumschlag
€ 29,95
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